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Schmidt Wolfgang


WOLFGANG M. SCHMIDT wurde am 3. Oktober 1933 in Wien geboren. Beide Eltern waren Mittelschullehrer (heute AHS-Lehrer), wobei die Mutter die Fächer Deutsch, Französisch und der Vater Mathematik, Physik unterrichtete.

Die Schwester von W. M. Schmidt Frau Dietlinde Nöbauer war mit dem bekannten österreichischen Mathematiker Wilfried Nöbauer verheiratet.
(W. N.: *21. 6. 1928 Ungenach OÖ, + 12. 2. 1988 Wien; studierte und habilitierte sich an der Universität Wien, dort 1964 auch Professor; ab 1966 Professor
an der TU-Wien; 1979 – 83 Rektor).

Bereits ab der 3. Klasse "Mittelschule" waren Mathematik und Physik
die Lieblingsfächer von W. M. Schmidt. Nach der Matura studierte er
ab 1951 Mathematik und Physik an der Universität Wien.
Mathematik lehrten damals die drei Professoren Edmund Hlawka
(Analysis, Zahlenlehre), Johann Radon (Funktionalanalysis, Maßtheorie),
Nikolaus Hofreiter (Algebra) und die beiden Dozenten Leopold Schmetterer (Wahrscheinlichkeitsrechnung) und Karl Pracher (Primzahlverteilung).
W. M. Schmidt dissertierte bei Professor E. Hlawka über ein Thema aus der Geometrie der Zahlen ("Gleichverteilung") und promovierte 1955.

Anschließend arbeitete er als wissenschaftliche Hilfskraft am Institut
für Theoretische Physik und etwas später als Bibliothekar am Mathematischen Institut der Universität Wien.
Es folgten einige Kurzbesuche der Montana University in den USA.
1960 erfolgte die Habilitation mit dem Thema "Maßtheorie in der Geometrie
der Zahlen".
Anschließend folgte ein Ruf an die University of Colorado.
Trotz zahlreicher Rufe an andere Universitäten lehrt er bis zum heutigen Tag
an obiger Universität. W. M. Schmidt hat die Möglichkeit als Gast des Schrödinger Instituts in Wien immer wieder Österreich zu besuchen.
W. M. Schmidt war Hauptvortragender bei drei internationalen Mathematiker Kongressen, eine Ehre, die bisher nur vier anderen Mathematikern
zuteil geworden ist.
Er besitzt drei Ehrendoktorate (Dr. h. c. mult.), mehrere Akademiemitgliedschaften sowie andere Auszeichnungen. W. M. Schmidt ist einer der führenden lebenden Zahlentheoretiker und fand Erwähnung in der Encyclopedia Britanica.
Zu seinen Hobbys zählen Bildende Kunst, Bergsteigen und Schifahren.


MATHEMATISCHE LEISTUNGEN: *)
1. Normalität, Konstruktion absolut normaler Zahlen.
2.Theorie der Gleichverteilung.
Grundlegende Beiträge zur Irregularity of Distributions.
Entwicklung neuartiger Methoden zur Erzielung unterer Diskrepanzabschätzungen.
Wesentliche Resultate in der metrischen Theorie der Gleichverteilung.
3. Approximation algebraischer Zahlen. 1955 bewies Roth einen Approximationssatz und wurde für dieses Ergebnis mit der Fields-Medaille ausgezeichnet.
1969 konnte W. M. Schmidt ein entsprechendes Resultat für simultane Approximationen von algebraischen Zahlen finden und beweisen
(Simultaneous approximation to algebraic numbers by rationals, Acta. Math. 125 (1970)). Mit dieser Lösung hat er sich unter die bedeutendsten Mathematiker
des 20. Jahrhunderts eingereiht. Hätte er danach kein weiteres großes Theorem bewiesen, wäre sein Name dennoch bereits durch dieses Ergebnis in den Annalen der Mathematik verewigt. 1972 gelang es ihm mit seinem Teilraumsatz ein abschließendes Ergebnis zu diesem Fragenkreis zu publizieren.
4. Transzendente Zahlen. In den 30erjahren hat Mahler eine Klasseneinteilung
der reellen Zahlen in A-, S-, T- und U-Zahlen eingeführt. Die Klasse der A-Zahlen besteht genau aus der Menge der algebraischen reellen Zahlen.
Entsprechend sind also S-, T- und U-Zahlen transzendent.
Es ist relativ leicht zu sehen, dass fast alle reellen Zahlen (im Sinne von Lebesgue) S-Zahlen sind. Weiters wurden schon früh explizite Beispiele für U-Zahlen angegeben. Die Frage nach der Existenz von T-Zahlen war über mehrere Jahrzehnte offen geblieben. 1969 gelang W. M. Schmidt mit einer bewundernswerten induktiven Konstruktion der Nachweis, dass auch T-Zahlen existieren.
5. Hardy-Littlewood-Methode. Anwendung auf Diophantische Ungleichungen
in vielen Variablen, Lösung von Fragestellungen, die u.a. von Davenport
aufgeworfen wurden.
6. Diophantische Gleichungen. Mit seinem Teilraumsatz von 1972 hat W. M. Schmidt das bis heute stärkste Werkzeug zur Behandlung diophantischer Gleichungen
in beliebiger Variablenzahl n ≥ 2 zur Verfügung gestellt. Eine erste Anwendung hierzu hat er 1972 gegeben, als er nachwies, dass nichtausgeartete Normformgleichungen nur endlich viele Lösungen besitzen. 1989 hat er sich diesem Fragenkreis erneut zugewandt. In einer wahren Pionierarbeit gelang es ihm die Herleitung einer quantitativen Version des Teilraumsatzes.
Diese Resultat erweist sich als Ausgangspunkt einer Reihe von Arbeiten verschiedener Autoren, in welchen gleichmäßig obere Schranken für die Lösungszahl gewisser diophantischer Gleichungen angegeben werden.
7. Riemannsche Vermutung über die Kongruenzzetafunktion.
Andre’ Weil hat in den 40erjahren mittels komplizierter Methoden der algebraischen Geometrie seine Resultate über die Rationalität der Zetafunktion von Kurven
über endlichen Körpern bewiesen. Hieraus ergaben sich insbesondere wichtige Anwendungen für Abschätzungen von Exponentialsummen.
In den 70erjahren hat Stepanov für spezielle Kurven einen elementaren Ansatz
zur Herleitung der Weilschen Ergebnisse angegeben. W. M. Schmidt hat diesen Ansatz mit großer Eleganz weiterentwickelt und schließlich einen elementaren Beweis der der Weilschen Resultate in voller Allgemeinheit geliefert.

*) nach Wolfgang M. Schmidt, IMN, Nr. 194, Wien, (2003), Seite 72 - 73


LITERATUR:
1)
Wolfgang M. Schmidt; IMN Nr. 194, Wien, 2003, Seite 72 - 73
2)
GESPRÄCHE MIT MATHEMATIKERN – WOLFGANG SCHMIDT (* 1916), Herausgeber: G. Lindbichler, K. Sigmund, (LINDBICHLER – ÖMG), TGV, 2002
3) QUERSCHNITT MATHEMATIK 4, Gerhard Lindbichler u. a. ,
Westermann Verlag, Wien 2001, Seite 233